Dilar Kisikyol
Sie ist jung, sie ist erfolgreich, sie ist eine Boxerin, die sich zum Thema Parkinson engagiert: Dilar Kisikyol, Hamburgerin mit kurdischen Wurzeln, ist Weltmeisterin im Leichtgewicht. Doch in den Ring steigt sie nicht nur für Wettkämpfe. Jeden Mittwoch trainiert sie eine ganz spezielle Gruppe: Frauen mit Parkinson.

Dilar Kisikyol

Mit 16 Jahren kam sie zum Boxen. Heute ist Dilar Kisikyol Weltmeisterin ihrer Gewichtsklasse. Zusätzlich zu ihrem Training findet sie die Zeit, eine Gruppe von Frauen zu coachen, die an Parkinson erkrankt sind.

Wie kamen Sie auf die Idee, einen Boxkurs für Frauen anzubieten, die an Parkinson erkrankt sind?
Die Anregung kam vom Hamburger Sportbund, so wurde ich vom Hamburger Boxverband gefragt, ob ich als Frauen- und Inklusionsbeauftragte tätig sein möchte. Damals hatten dort auch zwei Frauen mit Parkinson nachgefragt, ob es eine Boxgruppe für sie gäbe. So kamen wir dann zusammen und eine Woche später haben wir schon miteinander trainiert. Als gelernte Gymnastiklehrerin hatte ich schon ein paar Vorerfahrungen mit Parkinson-Betroffenen. Die Gruppe ist schnell gewachsen: Aktuell sind es acht Frauen, mit einem tollen Zusammenhalt. Die jüngste Teilnehmerin ist 43, die älteste ist 73. Ich habe auch meinen 30. Geburtstag mit der Gruppe gefeiert. Und die Frauen waren sogar bei meinem WM-Kampf im November 2022 in Hamburg dabei.
Wie sind Sie eigentlich selbst zum Boxen gekommen?
Ich habe erst relativ spät mit 16 Jahren angefangen zu boxen. Meine Eltern wollten eher, dass ich Klavier spiele. Leider hatte ich dazu nicht das große Talent. Stattdessen wollte ich boxen, obwohl meine Mutter immer dagegen war. Einem Nachbarn habe ich es zu verdanken, dass ich dann mal zum Boxtraining mitgenommen wurde. Alle dachten, nach ein paar Monaten hätte ich keine Lust mehr, ich bin aber dabeigeblieben. Der Boxsport verlangt mir sehr viel ab, gibt mir aber auch jede Menge zurück. Und ich bin dankbar, wenn ich etwas von dieser Energie an meine Frauengruppe weitergeben darf.
„Ich darf meine Energie weitergeben“
Wie laufen die Trainingseinheiten mit den Frauen?
Es geht immer los mit dem Aufwärmen und ersten Übungen im Stand. Dann geht es vor allem um die Arm- und Beinkoordination, teilweise auch mit Reaktionsübungen vor der Spiegelwand, mit Führhand und Schlaghand. Das Training zielt vor allem auf eine bessere Koordination und höhere Schnelligkeit in den Bewegungen. Auch die Konzentrationsfähigkeit lässt sich durch das Training steigern. Die Frauen berichten mir auch, wie gut es Ihnen nach dem Training geht. Übrigens: Auch Vorurteile lassen sich so abbauen. Eine Teilnehmerin erzählte, früher hielt sie Boxen für einen Albtraum, wo sich die Leute nur den Kopf einschlagen. Heute ist sie begeistert im Training dabei.
Muss man einem Verein beitreten, um bei Ihnen mittrainieren zu dürfen? Wie sieht es generell mit den Kosten aus?
Nein, die Frauen müssen keinem Verein beitreten. Wir trainieren auf Einladung des Hamburger Boxverbands. Der Verband übernimmt bislang auch die Kosten, zum Beispiel die Versicherung und die Nutzung der Boxhalle. Und meine Leistungen sind ehrenamtlich. Nach unserer Feier zum ersten Jahrestag im Dezember entscheiden wir, wie wir in Sachen Kosten weitermachen. Wir sind schon mit Sponsoren und Stiftungen im Gespräch. Der Lionsclub Aveslohe hat uns beispielsweise schon mit einer Spende unterstützt. Vielleicht sprechen wir auch die Krankenkassen an.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Wir wollen so viele Menschen wie möglich erreichen, auch über Hamburg hinaus. Vielleicht können wir ein Vorbild sein, damit auch in anderen Städten ähnliche Gruppen gegründet werden; allen Vorurteilen zum Trotz, die manche gegenüber dem Boxsport haben. Unsere Gruppe zeigt, dass man gemeinsam doch auch viel erreichen kann und das Sport immer verbindet.

Zur Person

Besuchen Sie die Website von Dilar Kisikyol und erfahren Sie mehr über sie und ihr Engagement: https://dilarkisikyol.de/